Montag, 22. November 2010

Plymouther Persönlichkeiten V - Patrick Abercrombie

Heute muss ich mal mit einer Tradition des Blogs brechen. Nach Patrick Abercrombie ist kein Gebäude der Uni benannt (ist zumindest mir nicht bekannt). Möglicherweise sagt das etwas über die Beliebtheit des Menschen in der Stadt aus (um mal eine Frage aus den Themenwünschen zu beantworten). Allerdings ist ihm an der Straße unterhalb der Hoe ein silbener Straßenpfosten gewidmet, genau wie ca. 100 anderen Persönlichkeiten die irgendwas mit der Stadt zu tun hatten, unter anderem auch alle vier bereits behandelten Menschen in diesem Blog.
Das Leben von Sir Partick Abercrombie selbst war ein typisches Akademikerleben, wenn man das her nimmt, was man so im Internet findet. Er war gelernter Architekt und ist wohl ein der einflussreichsten Stadtplaner von Großbritannien gewesen. Er hat eine Reihe von Stadtentwürfe (Stadtplan erscheint mir hier einfach das falsche Wort) entwickelt, welche zum Teil verwirklicht wurden sind.
Seine Entwürfe sind durch und durch modern. Das bedeutet, die Städte wie er sie entwurfen hat, sind durch große gleichförmige Gebäude, lange breite gerade Straßen und eine klare Funktionstrennung geprägt. Es sollte keine unnötigen Verzierungen, Dekorationen oder irgendetwas anders da sein, was der reinen Funktion widerspricht. Es unterscheidet sich daher von Albert Speers Entwürfen für "Germania" oder den idealen der sozialistischen Stadt nur von der zugrundeliegenden Ideologie, deren Unterschiede sich aber nur wenig in der Stadtplanung selbst niederschlagen. Alle genannten Entwürfe sind Kinder der Moderne, welche mit der Vergangenheit nicht nur bricht, sondern sie eigentlich sogar weitesgehend ersetzen will.
Die europäischen Städte der Vorkriegszeit waren geprägt von den engen Gassen des Mittelalters und den wild gewachsenen Vierteln des Industriezeitalters. Diese wurden von den Architekten der Moderne wie Abercrombie als chaotisch und ineffektiv angesehen. Sie wollten alles besser machen in ihren Entwürfen. Alles wurde geplant und rational durchdacht.
Aber ihre Pläne sind gescheitert. Die, welche umgesetzt wurden sind, sind heute allesamt selbst mit vielen Problemen belastet. Dazu braucht man sich nur Plattenbauten oder Banlieues anschauen. So rational ihre Pläne auch waren, Menschen sind nunmal keine Maschienen und wollen eher selten in Behausungen wohnen in denen alles was nicht funktional ist, wegrationalsiert wurden ist (wer braucht schon Farben?). Das sieht man auch in Plymouth.
In den 30er Jahren war Plymouth eine typische viktorianische Stadt im 20. Jahrhundert, was bedeutet, dass es mit unsagbaren Verkehrsstaus, Dreck und anderen Problemen zu kämpfen hatte. Daher wurden zu dieser Zeit teilweise radikale Pläne für eine Neuordnung entworfen, die teilweise ganze Straßenzüge ersetzt hätten. Diese waren schwer durchzusetzen. Irgendwie hängen die Leute dann doch an ihren kleinen, wenn auch vielleicht unpraktischen Hütten. Bis der Krieg kam und diese kleinen Hütten einfach flächenmäßig dem Erdboden gleich gemacht wurden sind. Da trat Patrick Abercrombie auf den Plan. Er entwarf den Plan für den Wiederaufbau der Stadt. Und der war eben geprägt von diesen wunderschönen breiten Betonstraßen und den herrlichen gleichförmigen Häusern. Das übrings die Hälfte der Innenstadt stehen geblieben war störte die Macher da wenig.
Die Macher waren neben Abercrombie noch der Bürgermeister Lord Astor (der Ehemann von Nancy Astor) und zwei andere Stadtplaner. Diese Clique hatte Einwände der Bevölkerung weitesgehend ignoriert und einfach gemacht, was sie für richtig gehalten haben. Plymouth war nicht die einzige im Krieg zerstörte britische Stadt, aber in den anderen hatte man die ursprünglich ähnlich radikalen Pläne wegen Bedenken der Bevölkerung entschärft. So wurde in Bristol nur ein Drittel des Planes umgesetzt. Nur in Coventry wurde ähnlich radikal neu gebaut wie in Plymouth, weswegen diese beiden Städte relativ einmalig sind in England. Möglicherweise einmalig hässlich, aber egal.
Heute ist man in Plymouth nicht so begeistert von dem was man damals umgesetzt hat. Die Gebäude sind meist zu alt und zu klein oder zu unasthetisch um den Kern einer moderen attraktiven Stadt zu bilden. Deswegen gibt es sein 3 Jahren einen neuen radikalen Stadtentwurf. Dieser orientiert sich nicht an Germania, sondern eher an der HafenCity oder jedem anderen heutigem Stadtentwicklungsprojekt, welches irgendwie an einem Gewässer gelegen ist. Waterfront ist eben in.

Ich habe auch wieder eine Frage:
Auf den ca. 100 silbernen Straßenpfosten finden sich auch überraschende Namen. Wem ist auch ein Pfosten gewidmet?

A: Napoleon Bonapart
B: Karl Marx
C: Herman Göring

Jeder darf einen Tipp abgeben. Für eine richtige Antwort gibt es einen halben Punkt (auch wenn jemand anders den gleichen Tipp abgegeben hat). Wenn jemand auch errät was dieser Mensch mit Plymouth zu tun hat, gibt es einen weiteren halben Punkt.

6 Kommentare:

  1. Ich tippe mal auf Karl Marx - der hat immerhin eine Zeit lang in England gelebt. Warum nicht auch in Plymouth? Die hatten bestimmt Arbeiter wie alle anderen. Außerdem ist er der einzige in der Liste, mit dem kein bewaffneter Konflikt ausgetragen wurde...
    H.

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  2. Da ich nicht auf Karl Marx tippen darf, nehme ich Napoleon. Da sehe ich am ehesten einen Bezug zu England und der Hafenstadt Plymouth. Als "frankreichnahe" Hafenstadt könnte er auf der Flucht England als "befreundete" Macht angelaufen haben...
    Leider kam das bisher in keinem meiner z. Zt. brandaktuellen Englandlektüre vor. Aber ob man ihm deshalb einen Pfosten widmen sollte?

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  3. Da liegt ein Missverständnis vor. Man kann sehr wohl auch ein zweites Mal auf eine Antwort tippen, die vorher von jemanden anders gegeben wurden ist. Das heißt jeder darf auch weiterhin auf Marx oder Napoleon tippen. Und jeder kriegt auch für eine richtige Antwort wie beschrieben Punkte.

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  4. Göring klingt in der Auflistung ab abwegigsten - den nehm ich. Allerdings fällt mir keine auch nur halbwegs plausible Erklärung ein. :)

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  5. Ich tipp auf Napoleon Bonapart. Unbegründet.

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  6. Okay ich löse es mal auf:
    Der Nazi Göring soll neben anderen Nazi-Größen vor England mehr respekt gehabt haben, als vor den anderen Kriegsgegnern. Das hat aber insbesondere Göring nicht davon abgehalten britische Städte in Schutt und Asche zu legen. Eine Ehrbezeugung für Göring wäre da doch ein wenig zynisch.

    Karl Marx hat viele Jahre in London gelebt, weil es in Frankreich und den deutschen Ländern eine Person "non grata" war. Er hat dort zusammen mit Friedrich Engels seine Hauptwerke geschrieben und viel empirische Arbeit geleistet. Außerdem hat er als Journalist gearbeitet und ist auch in London gestorben. Ob Marx jemals nach Plymouth gekommen ist, weiß ich nicht, aber ich könnte es mir vorstellen. Aber eine Pfosten für ihn gibt es nicht.

    Es handelt sich tatsächlich um Napoleon Bonapart. Das ist eigentlich fast so zynisch wie bei einem Nazi, den England war das einzige Land in Europa was sich beinah immer im Kriegszustand mit Napoleons Frankreich war. Daher ist die Bezeichnung "Befreundete Macht" leider ziemlich falsch.
    Vielleicht meinst du Napoleons Neffen Louis Napoleon (III.)? Der ist nach dem Krieg 1870/71 gegen Deutschland tatsächlich nach GB geflohen und dort gestorben.
    Napoleon Bonapart war tatsächlich wohl nur einmal auf der Insel. Und das war in Plymouth. Von hier aus ist er 1815 nach St. Helena im Südatlantik verbannt worden.

    Warum man ihm deshalb in Plymouth eine Ehrenpfosten sponsert verstehe ich allerdings nicht so...

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