Bevor ich nach England gegangen bin, bevor ich überhaupt genau wusste wo Plymouth überhaupt liegt, hatten wir in Frankfurt eine Informationsveranstaltung über Austauschprogramme und Möglichkeiten. Vor dem "technischen" Teil, wurde kurz darüber geredet wieso man überhaupt ins Ausland gehen sollte. Als Erfahrungsbericht wurde dabei auf den Film "L’auberge espagnole" verwiesen, welche genau diese Erfahrung wiedergeben soll.
Und genau dieser Film wurde gestern in der SU passenderweise von der Erasmus-Society gezeigt. Den dieser Film hat einen, und ich glaube da gehe ich nicht zu weit, Kultstatus unter Erasmus-Studenten. Erasmus-Studenten sind ganz allgemein, für die Leute die gerade gar nichts verstehen, internationale Austauschstudenten. Konkret sind es eben solche Studenten, die mit dem Erasmus-Austauschprogramm der europäischen Union (gilt aber nicht nur für die EU) in ganz Europa an den Uni rumhängen und versuchen Sprachen zu lernen (und theoretisch auch noch mehr). Genau wie ich. Der Name geht übrings auf Erasmus von Rotterdam zurück, der so eine Art früher Verfechter einer geeinten Welt (was damals Europa umfasste) war.
Warum ist der Film eigentlich so beliebt bei uns aktuellen oder ehemaligen Erasmus-Studenten und solchen die es gerne sein wollen? Der Film schafft es hervorrangend das Gefühl einzufangen, wie es ist genau diese Erfahrung zu machen. Die Handlung selbst ist dabei nicht das Zentrale. Es geht um einen französischen Wirtschaftsstudent der ein Jahr in Barcelona verbringt. Aber das ist austauschbar. Es könnte auch um einen deutschen Geographiestudenten gehen der (nicht ganz) ein Jahr in Plymouth verbringt (okay nur mein Leben ist nicht ganz so extrem wie in dem Film...).
Das entscheidende sind wie gesagt, mehr die vielsichtigen Gefühle die man erlebt, wenn man im Ausland lebt. Das Gefühl in ein Flugzeug zu steigen und sein ganzen normales Leben zumindest für eine Zeitlang hinter sich zu lassen um in ein Land zu reisen, wo unbekannte Menschen leben, eine andere Sprache gesprochen wird und vor allem wo man schlicht Niemanden kennt. Zumindest noch nicht. Man weiß nicht was auf einen zu kommt. Das ist natürlich auf der einen Seite sehr aufregend, aber für die meisten ist es wohl eher erschreckend und beängstigend. Und dann die unglaublichen ersten Wochen, in denen man soviele Eindrücke auf einmal bekommt, dass man wie auf einer Wolke schwebt. Bevor dann nach ein zwei Monaten sich auch wieder ein Gefühl der Ernüchterung einstellt. Auf der einen Seite hat man Heimatweh und auf der anderen Seite Angst davor ins alte Leben zurückzukehren. Und man hat Angst vor dem Abschied. Weil man weiß, dass da wo man ist, wahrscheinlich nie wieder hinkommt.
Dennoch weiß man aber nicht wo man eigentlich genau hin will. Man ist hin und her gerissen zwischen einer rationalen Lebensplanung und den utopischen und manchmal ideotischen Träumen über das eigene Lebens. Und sowieso erscheint das ganze Leben oft wie ein großer unorganisierter Haufen von Dingen, die man noch machen wollte. Irgendwann einmal. Wenn man Zeit hat...
Man steckt in kleinen und großen Konflikten fest. Mit den Menschen die einem nahe stehen und denjenigen die nicht wichtig sind. Jenen die man sein ganzes Leben lang kennt und jenen die man gerade erst kennengelernt hat.
Man findet den Mut neue Sachen auszuprobieren und ärgert sich wenn man nicht mutig genug war. Wenn man das Gefühl das Leben von anderen geht weiter. Nur ohne das man mitgenommen wird. Und manchmal ist man erschrocken von der eigenen Courage. Von Seiten an sich selbst die man vielleich gar nicht kannte. Gute wie schlechte.
Was das alles für einen bedeutet ist individuell, aber ein Erasmusjahr (auch wenn es gar kein Jahr ist) gehört sicherlich zu den Erfahrungen im Leben die einen erkennen lassen sollte wer man eigentlich ist und was man eigentlich will. Man muss nicht Erasmus machen und auch nicht studieren um dies zu erfahren, aber es ist eine gute Möglichkeit.
Ich jedenfall habe das Gefühl nach zwei Monaten im Ausland ein wenig besser zu verstehen wer ich eigentlich bin und was ich eigentlich will. Auch wenn ich vielleicht noch nicht den Mut habe all dies zu verwirklichen. Aber dazu habe ich ja noch ein paar weitere Monate im neuen Jahr.
Ich weiß gar nicht genau ob man versteht was ich sagen will. Wie so oft denke ich, dass es mir schwer fällt wirklich auszudrücken was ich meine. Aber ich mache das mal wie in der Uni:
Wer mehr wissen will, der sollte sich "L’auberge espagnole" anschauen oder sich vom offiziellen Soundtrack Lied 8 aufmerksam anhören. Auf das es im Leben noch viele Überraschungen gibt...
Schöner Artikel!
AntwortenLöschenH.