Heute will ich etwas zum Thema machen, was mit mehr oder weniger gar nichts zu tun, was mich aber dennoch gerade ein wenig beschäftigt. Wie der ein oder andere weiß war ich vor genau einem Jahr in Kairo. Vielleicht war der ein oder andere von den Lesern damals mit mir dort.
Wenn man die Nachrichten schaut, dann schaut man oft abgestumpft auf die Nachrichten aus fernen Ländern und Umbrüchen die sich dort vollziehen. Wir haben vielleicht alle von den Vorgängen in Tunesien gehört ohne das sie uns besonders nahe gegangen sind oder vielleicht sogar ohne das sie uns interessiert haben. Wahrscheinlich geht es den meisten jetzt bei Ägypten ähnlich. Das Land ist fremd islamisch und auch weit weg. Ich möchte an der Stelle nicht falsch verstanden werden. Ich denke es eine natürliche Abwehrreaktion, dass man nicht alle Dinge so nah an sich heranslässt, weil man ansonsten schwer durch den Tag kommen würde. Es ist irgendwie logisch, dass den Regionalbahnfahrer ein Zugunglück in einer vertrauten Umgebung wesentlich mehr schockt als wenn hunderte völlig Fremde irgendwo außerhalb Europas von ihrer Regierung umgebracht werden.
Für mich persönlich existiert allerdings ein Bezug zu genau diesen Menschen. Ich sehe im Internet Bilder von Straßen und Plätzen, die ich kenne und auf denen ich selbst spaziert bin. Ich weiß zum Beispiel noch wie ich über den Tahrir-Platz in der Innenstadt gelaufen bin. Ich kam damals aus dem Ägyptischen Nationalmuseum (wo die Tutanchamun-Sammlung ist) und habe mich unter einer ziemlich drückenden Sonne durch den Verkehr gewühlt, welcher in Kairo eine besondere Art der chaotischen Ordnung darstellt und bin laufend von Geschäftleuten und Taxifahrern angesprochen wurden, weil ich etwas kaufen sollte. Ich erinnere mich an eine Mann der mir tolle Geschichten erzählte nur damit ich eine echt orginale alt-ägyptische Statur (mit Hieroglyphen!!) kaufe. Ein Sonderangebot was ich dankend ablehnte.
Heute ist der Tahrir-Platz an dem auch das Zentrum der ägyptischen Bürokratie steht (das Mugamma) ein Zentrum für die Proteste. Das ägyptische Nationalmuseum ist von den eigenen Wache geplüdert wurden, weil die Regierung wohl zeigen wollte wie chaotisch es ohne sie sein würde. Der Verkäufe könnte gerade in diesem Moment skandierend durch die Straßen ziehen.
In den Medien und vorallem von Seiten der westlichen Politik wird nun zurückhaltet reagiert, weil man befürchtet, dass in diesem Land wirklich das Chaos oder der Bürgerkrieg ausbricht an deren Ende vielleicht eine neue Taliban steht. Ich persönlich halte das für völlig unrealistisch weil Ägypten mehr mit Spanien oder Griechenland in den 1970er Ähnlichkeit besitzt als denn mit Afghanistan, Parkistan oder der Iran. Natürlich gibt es verschiedene Gruppen und es gibt islamistische Tendenzen, besonders auf dem Land. Es gibt und gab islamistischen Terrorismus in Ägypten. Aber es gibt auch bis heute eine autokratische Diktatur, die gerade diesen Terrorismus nutzt um im Inneren zu Überwachen und im Äußeren Verbündete findet. Die Angst, dass nach Mubarak radikale Islamisten das Land beherrschen ist vorallem von Mubarak selbst geschürt wurden.
Die Ägypter die ich kennengelernt habe, hatten selten den Eindruck gemacht als das sie eine Theokratie besser finden als eine Diktator. Sie haben ganz andere Erfahrungen gemacht. Die ägyptische Oberschicht und die kleine Mittelschicht ist in Europa und Amerika an den Universitäten ausgebildet wurden. Ich habe aber auch mit Leute geredet, die auf anderen Schichten kamen und zum Beispiel als Bauarbeiter oder ähnlichem in Deutschland oder in Europa für ein paar Jahre gearbeitet haben. Schätzungsweise mehr als die Hälfte der ägyptischen Bevölkerung war schonmal im westlichen Ausland. Daher ist es überhaupt nicht überraschend, dass die Forderungen der Demostranten von Freiheit und Demokratie beherrscht sind als von irgendetwas anderem.
Die Leute ist unzufrieden und das war schon letztes Jahr merklich. Sie sind es leid eine egoistische Regierung und eine Präsidenten zu haben der seit 30 Jahren herrscht und nun auch anstalten macht einfach das Präsidialamt an seinen Sohn "weiterzugeben". Sie wollen eine Regierung die für sie herrscht und nicht über sie.
Ich persönlich kann das gut verstehen und hoffe sehr, dass bald und unblutig Ägypten einen neuen Weg finden wird. Ein Weg der, meiner Meinung nach, auch in eine Demokratie führen kann. Mit El-Baradei wäre sogar ein Friedensnobelpreisträger und Diplomat verfügbar, der (mir völlig unverständlich) immer ein wenig belächelt wird.
Ich habe die Hoffnung das Ägypten neben der Türkei vielleicht die zweite Demokratie in der Islamischen Welt werden könnte, wenn die Menschen den gleichen Weg gehen wie alle europäischen Staaten, zuletzt die in Osteuropa 1989 oder die Südeuropäer in den 1970ern. Ich finde das ist durchaus realistisch...
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