Donnerstag, 20. Januar 2011

Waldsterben und Straßenbahnen

Bevor ich nach England gegangen bin, habe ich mir eine Frage eigentlich nicht gestellt. Was denken Engländer und Briten eigentlich über Deutschland und Deutsche. Wahrscheinlich hatte ich unterbewusst die Angst, dass die Klischees über Engländer, die denken Hitler sei noch deutscher Kanzler, wahr. Eine Sache kann ich inzwischen sagen: Die Engländer die ich kennengelernt habe, finden diese Vorstellung genauso absurd wie ich.
Ein andere Sache, die man festhalten kann, ist das viele Briten eine merkwürdige Faszination für Deutschland haben. So hat heute ein Dozent wieder einmal die Bedingungen in Deutschland gelobt und mit schwärmerischen Blick erzählt. Es ging darum wie Deutschland schon früh eine knorke Umweltpolitik gemacht hat und ein vorbildlich grünes Land ist. Es wurde erzählt wie das "Waldsterben" (ein deutsches Lehnwort) im Schwarzwald grüne Ideen en vogue gemacht hat und dafür gesorgt hat das Deutschland als einer der Hauptverursacher von saurem Regen durch die richtige Politik das Problem beinah gelöst hat. Und dann tritt es auch noch als Vorreiter für Internationale Verträge im Umweltbereich auf. Dozent sieht mich an und meint: "Good job, Germany"
Gut. Ich sehe das vielleicht nicht ganz so rosarot, aber ich werde hier regelmäßig als knallhart kritisch beschrieben. Typisch deutsch?
Aber der wirkliche Deutschland-Fan ist wohl mein Dozent für Transportgeographie. Der war im November in Erfurt und erzählt seitdem fast jede Vorlesung von dem dortigen ÖPNV. "Denn da gibt es sechs Straßenbahnlinien! Sechs! Die Stadt ist genauso groß wie Plymouth. Man stelle sich Straßenbahnen in Plymouth vor. Das geht doch nicht! Und dazu sind die auch noch pünktlich." Dann erzählte er von seinem deutschen Kollegen, der völlig selbstverständlich erst ein Minute vor der planmäßigen Abfahrt eintrifft. Nicht wie in England zehn Minuten früher, um eine zu frühe (!) Bahn nicht zu verpassen. Irgendwie wirft das ein interessantes Bild auf so manche deutsche Debatten.
Schön fand ich auch einen meiner britischen Kommilitonen, der den britischen Blick auf Deutschland wie folgt beschrieben hat: "Wir denken, dass Deutschland seit der Wiedervereinigung ein großes glückliches und reiches Land ist" - Ich habe ihn dann erstmal über die soziale Realität zwischen Ost und West aufgeklärt.
Aber ehrlich: Sogar beim Fußball mögen die Briten die Deutschen. Vielleicht blieb ihnen bei einem schönen 4:1 im Sommer auch wenig übrig.
Übrings:
Kurz nach Weihnachten hat der Transport-Prof in die Runde gefragt ob irgendwer über die Ferien interessante Erfahrungen mit dem britischen Transportsystem gemacht hat. Zu uns Internationalen fragte er wörtlich, ob wir vielleicht vier Tage in Heathrow festgesetzen haben. Darauf meinte ich nur ganz trocken: Ja, habe ich! Daraufhin hat er sich "on behalf of the British people" entschuldigt. Damit war er übrings der erste, der sich bei mir für diese Sache damals entschuldigt hat. Ich mag den Mann...

Quizfrage:
Ich habe heute auch wieder was neues gelernt. Wer kann mir sagen was das Kürzel "FRG" im englischen bedeutet und in welchem Zusammenhang es verwendet wird?

3 Kommentare:

  1. Federal Republic of Germany? Wo's verwendet wird...hm, vielleicht um in der Geschichte die Bundesrepublik von der DDR (engl. GDR) abzugrenzen...

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  2. Das stimmt und ich kann mich noch genau an Olympiaden erinnern, wo diese beiden Kürzel verwendet wurden zur Unterscheidung der beiden deutschen Staaten damals. Ob es heute noch verwendet wird, ist mir nicht bekannt.
    Liebe Grüße...

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  3. Richtig!
    FRG ist die englische Entsprechung für BRD. Es wird eigentlich nur im Gegensatz zur GDR, der DDR, verwendet und ist der korrektere Ausdruck als West-Germany (der aber gängiger ist)
    Das ist so ähnlich wie die Bezeichnungen Republik Korea (Südkorea) oder Republik China (Taiwan).

    Mein Dozent beschrieb mit FRG auch das "old Germany". Das "new Germany" ist danach wohl das Wiedervereinigte. Ich glaube ich brache nicht zu erwähnen, dass diese Bezeichnung sehr widersprüchlich ist.

    Ich persönlich verwende den Begriff BRD auch gerne für das aktuelle Deutschland, worüber sich ein Dozent von mir mal tierisch aufgeregt hat. Für ihn ist der Begriff BRD ein DDR-Begriff um (West)-Deutschland den Anspruch zu verweigern das einzig wahre Deutschland zu sein. Ich denke ich sehe das einfach nüchterner als er.

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