Dienstag, 11. Januar 2011

Von Stottern und Verantwortung

Erinnern wir uns mal an den letzten Samstagabend. Und mit mir meine ich eigentlich nur mich selbst. Ich war in London. Am Leicester Square mitten im Nachtleben Londons zwischen Musical Theatern, Pubs, Kinos und jeder Menge Leute. Es ist kurz vor Acht, weswegen noch keine betrunkenen Mädels mit Miniröcken die eher Gürteln gleichen grölend durch die Straßen ziehen. Das tun die auch in London erst so ab Elf. In meinem Portemonnaie habe ich eine Kinokarte, die teurer war als eine Nacht in der Hostel wo ich die Nächte verbracht habe. Das grüne Zentrum des Leicester Squares (wird übrings Lester Square ausgesprochen) wird von einem Bauzaun verborgen. Drauf steht groß, dass dieser Platz für 2012 (Olympische Spiele?) schick gemacht wird.
Angelehnt an den Bauzahn warte ich darauf, dass das Kino (Odeon) auf macht und uns herein lässt. Inzwischen weiß ich, dass dort gerne Filmpremieren stattfinden. So wurden hier alle Harry Potter Filme zuerst der Welt vorgeführt. Das erklärt auch den Preis...
Also ich reingelassen wurde, suchte ich erstmal die Toilette auf. Dort waren keine goldenen Wasserhähne. Ich war enttäuscht. Vielmehr hatte jeder erstmal das Problem die Hähne zum Laufen zu bekommen, was schon eine Wissenschaft für sich war. Nach ewigen Rumtasten und Hinweisen des Nebenmanns, lief dann auch irgendwann Wasser. Dann ging es zum Popcornstand. Muss auch sein, wenn man schonmal da ist (Preise wie in einem normalen Kino - sprich auch teuer). Das Mädel was mich bediente offenbarte dabei noch nicht so viel Erfahrung:
"How can I help you?"
"I like to have a large Popcorn combo - sweet with a Pepsi" (alle Infos die sie brauchte untergebracht)
"Äh - Which size?"
"Large please" (Sie dreht sich zu ihrem Kollegen und fragt welche Größen es gibt)
"We got small, medium and large"
"Still large" (habe dabei gelächelt)
"Oh - right ... sorry. With Coke right?"
"Yes" (war zwar Pepsi aber egal)
"Salt or Sweet"
"Sweet please" (um Gottes Willen ja)
Sie schaut auf die beiden Kästen mit Popcorn vor sich und fragt ihren Kollegen welches "Sweet" ist.
Ich zeigte drauf: "This one!" (ich will kein Salz - Nein, nein, nein!)
"Right... Sorry"
Dann fragt sich nochmal ihren Kollegen nach dem Preis, welcher darauf lieber selbst den Betrag in die Kasse eingibt. Ich bezahle (habe ich das Wechselgeld gezählt?) und werde mit einem "By the Way: Sorry! I'm new here" verabschiedet. Ich lächele sie an. In ihr leicht rotes Gesicht und denke mir meinen Teil.
Schwer bepackt werde ich auf den "Stalls" (Parkett) zu meinen Platz geführt, der in schön in der Mitte hinten liegt und für Parkett eine schöne Aussicht bietet. Ein Logenplatz hätte zwei Übernachtungen gekostet. Das Kino mit seinen 1.700 Plätzen war scheinbar ausverkauft. Sogleich ging auch die Werbung los, welche von den Trailern gefolgt wurden. Dort musste ich mir einen Trailer anschauen in dem Daniel Craig (James Bond) und Harrison Ford in einem Film namens "Cowboys & Aliens" mitspielen. Außerdem hat Micheal Bay einen neuen "Transformers" verbrochen. Gefreut habe ich mich allerdings, als ich sah, dass Simon Pegg und Nick Forst (Shaun of the dead; Hot Fuzz) auch wieder einen Film gemacht haben. Es handelt sich dabei allerdings nicht (!) um den dritten Teil der "Blood and Ice Cream Trilogy". Aber genug von dem Vorgeplänkel. Nun ging der Hauptfilm los, auf den ich mich gefreut habe, seitdem ich vor Weihnachten eine Plakat dafür gesehen habe.
Und ich wurde nicht enttäuscht. Der Film "The King's Speech" ist wahrlich einer der besten Filme der letzten Jahre. Worum gehts? London in den Dreißigern:
Ein Frau (Helena Bonham Carter) geht zu einem Sprachtherapeuten (Geoffrey Rush), welcher das Stottern ihres Mannes (Colin Firth) kurieren soll. Er muss nämlich in der Öffentlichkeit Reden halten. Der Doktor empfiehlt er solle dann lieber den Job wechseln. Das geht schlecht meinte die Frau. Ihr Mann ist nämlich Albert der Duke von York, der zweite Sohn des britischen König Georg V. Na gut denkt sich der unkonventionelle Arzt und eine Therapie wird gestartet, auch wenn sein Patient eher unwillig ist. Denn der hat genug Sorgen. Neben der Tatsache, dass er wegen seines Stottern ein Gespöt ist, verkörpert er nicht gerade den Sohn, den sich sein Vater wünscht. Jener Vater glaubt nämlich nicht, dass sein ältester Sohn Edward der Thronfolger, der Verantwortung eines König gewachsen ist, weil er irgendwie lieber Röcken nachrennt.
Als der König dann wirklich stirbt, wird Edward VIII. König und provoziert einen Skandal weil er eine zweimal geschiedene Amerikanerin heiraten will. Deshalb muss er abdanken und Albert wird als Georg VI. König. Obwohl dies das letzte ist was er will. Und dann kommt auch noch ein neuer Krieg und alle erwarten von ihm die moralische Führung des Landes...
So vorhersehbar die Story auch ist, so wunderbar liefert sie eine Bühne für große Schauspieler. Denn nicht die netten Kostüme, stimmigen Kulissen oder die ruhige Musik machen die Film zu etwas besonderen. Es sind die Schauspieler, allen voran Colin Firth. Er verkörpert einen schüchternen Menschen, der unter dem Druck, fast zerbricht. Geoffrey Rush verkörpert den Freund und Helfer Lionel, der ihn herausfordert und zeigt was er kann. Dabei stören ihn auch die Etikette bei Hof wenig. Helena Bonham Carter spielt auch wunderbar die König Elisabeth (heute bekannt als Queen Mum), welche alles gibt um ihren Mann zu stützen. Wenn diese drei keine Oscarnominierungen bekommen, dann wäre ich überrascht.
Aber auch in der zweiten Reihe finden sich gute und bekannte Namen. Micheal Gambon (Dumbledore aus Harry Potter) spielt den alten König Georg V., Guy Pearce spielt Edward VIII., Timothy Spall (Wurmschwanz, auch as Harry Potter) spielt sehr nett Churchill und nicht zu letzt Jennifer Ehle (die gute alte Elizabeth Bennet aus der BBC-Stolz und Vorurteil), welche mit ihrem wunderbaren Lächeln die Ehefrau von Lionel gibt.
Alles in allem ist es einfach ein sehenswerter Film, der einem irgendwo zeigt, dass auch Könige Menschen sind. Menschen, die manchmal auch einfach nur in Ruhe ihr Leben leben wollen ohne die Sorgen einer ganzen Nation tragen zu müssen.
Am Ende gab es im Kino Applaus (kommt auch nicht so oft vor) und man ging mit einem guten Gefühl in die Straßen des heutigen Londons. Ist übrings mal nett einen Film zu sehen in der Stadt in der er spielt. Da kann man sich am nächsten Tag alle Orte mal live anschauen...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen