Freitag, 4. Februar 2011

Kein Geld für die große Gesellschaft

"Big Society" ist das Schlagwort (auch wenn es zwei sind) mit dem David Cameron vor fast einem Jahr in den Wahlkampf zog und diesen ziemlich mit einem Debakel gewan. "Big Society" ist die Neuerfindung einer alten Idee. Der Idee des Kommunitarismus. Kommunitarismus bedeutet vereinfacht ausgedrückt, dass eine Gesellschaft auf einer Struktur der gegenseitigen Hilfe basiert. Menschen die aus welchem Gründen auch immer Hilfe brauchen soll einfach geholfen werden. Möglichst von Menschen in der unmittelbaren Umgebung. Wenn also zum Beispiel deinem Nachbar das Haus im Sturm davongeweht ist, dann hilft du ihm es wieder aufzubauen. Du und alle anderen Nachbarn.
An sich eine schöne Idee. In der Theorie des Kommunitarismus werden zwei Ursachen ausgemacht weswegn unsere Welt leider nicht so ist. Auf der einen Seite gibt es den Wohlfahrtsstaat. Dieser große Bürokratische Apperat ist nämlich irgendwann mal geschaffen wurden, damit nicht du das Haus deines Nachbarn wiederaufbauen muss sondern irgendjemand anders der vom Staat (im weitesten Sinne) dafür bezahlt wird. Du bezahlst ja schließlich genau dafür deine Steuern. Der (Wohlfahrts)Staat ist dazu da um denen zu Helfen die aus irgendwelchen Gründen Pech hatten. Auch das ist an sich eine nette Sache, führt aber dazu das man bei Notlagen andere sich zurücklehnt und sagt: "Die werden das schon regeln". Dummerweise ist ein großer bürokratischer Apperat irgendwie langsam, ineffektiv und lädt dazu ein sich selbst zu bedienen. Deswegen ist Kommunitarismus nicht Kommunismus und schon gar nicht realsozialistische Realität gewesen.
Bis zu diesem Punkt würde mir David Cameron wahrscheinlich zustimmen und handeln. "Ja genau! Der starke Staat ist schuld. Der starke Staat ist Sozialismus! Deswegen streiche ich jetzt mal alles kurz und klein und lass die Gesellschaft das unter sich regeln. Das wollen die so und das ist auch viel effektiver!" Gesagt, getan.
Dummerweise hat der Kommunitarismus noch eine zweite Ursache für für die Probleme der Gesellschaft. Und das ist der Kapitalismus. Damit der Kapitalimus nämlich funktioniert braucht man einen ausgeprägten Individualismus. Nur Egoismus hält den Markt am laufen und die Theorie des Liberalismus gibt dafür das Futter. Warum soll ich meinem Nachbarn helfen? Woher weiß ich denn, dass wenn mein Haus zusammenkracht, dass er mir dann hilft? Ich kenn den hinterlistigen Kerl doch. Okay ich helfe ihm, aber nur wenn er mir schriftlich erklärt das er mein Haus aufbaut wenn es zusammenkracht. Ach nee das ist zu kompliziert. Ich nutze lieber das Währungssystem und lass mich bezahlen.
Auch dieses System funktioniert irgendwie. Dummerweise weiß irgendwann niemand mehr so richtig was die Währung (das ist schließlich wahlweise auch nur Papier oder Altmetall) eigentlich wert ist. Außerdem stehen dann die dumm da die vielleicht nicht mal mehr garantieren können, dass sie selbst noch der Lage sind ein Haus aufzubauen. Schließlich ist mein Nachbar schon ein alter Mann. Solidarität und Egoismus schließen sich nämlich leider ein wenig aus.
Und genau diesen zweiten Punkt scheint der gute alte David vergessen zu haben. Bei ihm heißt nämlich "Big Society" auch individuelle Freiheit bis alle tot sind. Ganz besonders für diejenigen, die Geschäfte machen. Den Wohlfahrtsstaat gibt es nämlich in letzter Konsequenz nur deswegen, weil der individualisische Kapitalismus Verlierer auf der Strecke lässt. Den gab man lieber ein wenig Brot, damit die mir nicht die Häuser anzünden. Das hilft mir nämlich dann auch nicht. Anders ausgedrückt macht David Cameron und seine Regierung den folgenschweren Fehler soziale Sicherungen abzuschaffen um gleichzeitig den Liberalismus hochleben zu lassen. Der fromme Wunsch das alle Menschen sich gegenseitig helfen, ohne das der Staat das machen müsste, passt nicht zu der Hauptlinie, sich im Wettbewerb zu behaupten und kosteneffektiv zu arbeiten. Da stört doch nur die Hilfe für den Nachbarn.
Und das zeigt sich auch gerade an der Realität. Ein vorbildliches Projekt der "Big society" in Liverpool wurde immer von Cameron herangezogen um zu zeigen wie schön Nachbarschafthilfe funktioniert und Probleme besser löst als irgendwelche Sozialhilfe. Dieses Projekt wurde von der Stadt Liverpool eingestellt. Warum? Nun ja irgendjemand hat in London die Hilfe für die Städte zusammengeschrumpt und gesagt man soll alle nicht unbedingt nötige Ausgaben streichen, um das auszugleichen. Die Städte sollen ja auch nicht am Tropf von London hängen. Die Stadt Liverpool macht was ihr gesagt wird und streicht das Nachbarschafts-Hilfsprojekt.
David Cameron ist nicht erste und auf keinen Fall der letzte Politiker der einen politischen sozialen Gesellschaftsentwurf solange umdeutet, bis es in seinen Wahlkampf passt, nur um dann in der Regierung festzustellen, dass es nicht so funktioniert wie man es vorher versprochen hat. Warum das so ist, ist eine andere Frage.
Viel interessanter ist jetzt, was der Kommunitarimus vorschlägt. Nunja dieser stellt sich eine Welt unterteilt in viele kleine Gemeinschaften vor (Nachbarschaften, Kirchen, Vereine, etc.) in die Hilfe für den anderen höher eingeschätzt wird als Hilfe für sich selbst. Das sind urkonservative und wenn man so will urchristliche Werte (nicht zu verwechseln mit christlich konservativen Partein). Dabei drängt sich nun wieder eine Frage auf: Will man wirklich ein Amish Paradise?

Quizfrage:
Das Beispiel eines Nachbarn dessen Haus durch einen Sturm verwüstet wurde und dem dann von seinen Nachbarn geholfen wird, ist einem Werk der Popkultur entlehnt. Wer weiß wo ich es her habe?

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