Mittwoch, 9. Februar 2011

Nichts ist möglich - Großbritannien

Manchmal bekommt man die Möglichkeit gegeben ein wenig die eigene Kreativität und Ideen auszudrücken und darüber zu diskutieren. So ist es zumindestens letztens in der Vorlesung passiert. Die Stadt Plymouth hat einen neuen Plan entwickelt wie es in Zukunft die Transport regeln will. Wir wurden im Rahmen der Vorlesung gebeten und das anzuschauen und kritisch zu kommentieren.
Um den Hintergrund zu verstehen, erkläre ich mal hier kurz die jetzige Verkehrssituation in Plymouth:
Automobil: zu viele nutzen es mit den üblichen Problemen wie Umweltverschmutzung und Staus. Die Zugangsstraßen sind zur Rush-Hour meist schrecklich verstopft.
Bus: unpünktlich (die Fahrplanzeit ist nur so eine Empfehlung - man sollte im Zweifel 10 Minuten früher da sein), ineffektiv und vor allem sehr unübersichtlich. Und die Busse stecken auch oft im Stau fest.
Fahrrad: Plymouth hat viele Berge und kaum Fahrradwege. Außerhalb von Straßen sind sie sogar meist nicht erwünscht (in Parks zum Beispiel).
Fußgänger: Wenn man sich nicht auskennt kann man sich leicht verlaufen und es gibt oft völlig unnütze Zäune die den Weg versperren.
All dies habe nicht nur ich festgestellt, sondern auch der offizielle Plan. Entsprechend sind die Maßnahmen. Die Situation für Fußgänger und Fahrradfaher sollen gegenüber Autos verbessert werden und der öffentliche Nahverkehr soll ausgebaut, verständlicher und pünktlicher werden (das wäre mal was!). Insgesamt scheinen die Autoren ein wenig in Europa unterwegs gewesen zu sein. Der Plan der Stadt wirkt zumindest ein wenig so als wolle man Plymouth in eine Stadt wie Erfurt (sechs Straßenbahnlinien! - Können sie sich das vorstellen) verwandeln. Nur dummerweise ist der Plan auch irgendwo ziemlich britisch, also nicht sehr mutig, progressiv oder ambitioniert. So fehlt zum Beispiel die Idee für den Bau einer Straßenbahn. Aber warum?
Glücklicherweise hatten wir sogar die Möglichkeit mit dem Verantwortlichen der Stadt zu sprechen. Dieser Mensch scheit von der Idee einer Straßenbahn in Plymouth zwar angetan zu sein, meinte aber das sein nicht realisierbar. Ich verstehe ihn zwar in gewisser Weise, aber ich bin nicht von der Unmöglichkeit dessen überzeugt. Das Argument zu teuer ist zwar einleuchtend (eine Straßenbahn zu bauen ist wirklich viel teurer als eine Buslinie einzurichten), würde sich aber langfristig lohnen. Deutsche Städe, insbesonders jene, die in den 70ern Straßenbahnen abgebaut haben und es jetzt bereuen, haben das bewiesen.
Dann wurde mir erklärt was ich auch schon gemerkt hatte. In England herrscht eine andere Mentalität, in der etwas was anders ist als der Durchschnitt pauschal erstmal abgelehnt wird. Eine Tram in einer mittelgroßen Stadt? Neeeeee... Das klappt nicht! - Wieso nicht? In Deutschland oder Frankreich geht das doch auch. - Aber Deutschland und Frankreich sind anders. - Inwiefern? - [...] Weiß ich auch nicht...
Die Feststellung des Transportbeauftragten der Stadt, dass in England die Mentalität solche Projekte verhindert, ist eine selbsterfüllende Prophezeiung. Wenn jeder immer sagen würde, das es sowieso nicht geht, dann würde nie etwas realisiert werden. Visionen und auch Utopien sind wichtig und nötig um Verbesserungen zu erreichen. Auch wenn sie manchmal dämlich oder unrealistisch erscheinen.
Ich weiß natürlich, dass auch in Deutschland viele Dinge abgelehnt werden weil sie neu oder anders sind, auch wenn Straßenbahnen meist nicht dazugehören. Es gibt genug politische Debatten, die von Irrationalität und Ängsten geprägt sind. Ich wünsche mir einfach mehr Offenheit für andere Ideen in der Gesellschaft. In Deutschland und in England. Denn alles was denkbar ist, ist auch irgendwo möglich.

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